Die Haushaltsreden in den kommunalen Parlamenten sind mit Sicherheit immer etwas besonderes. Mal spritzig und interessant, mal langatmig und monoton vorgelesen, mal zahlenlastig oder mit Zitaten bestückt, frei nach dem Motto: „alles geht, nichts muss“.
Dieses Mal ist sie, zumindest für die Fraktion Grüne im Rat der Stadt Mechernich, in der Tat etwas besonderes, denn sie wird nicht im Stadtrat vorgetragen.
Die Fraktion hat sich entschlossen an der Sitzung am 13. April nicht teilzunehmen, weil die Verwaltungsleitung auf Nachfrage die Vorlage einer negativen Testbescheinigung als Einlassvoraussetzung ablehnte.
Es wäre einiges zu sagen gewesen an diesem Dienstag.
Wir hätten wohl darauf hingewiesen, dass mit einer Zustimmung zu der Geschäftsordnung die Rechte der Ratsmitglieder eklatant beschnitten werden.
Das beginnt mit dem Umstand, dass unter „Vorsitz“ in dem Satz „Der Bürgermeister hat die Sitzung sachlich und unparteiisch“ zu leiten das Wort „unparteiisch“ einfach mal gestrichen wird. Aber naja, das wussten wir wohl auch schon vorher.
Eine namentliche Abstimmung konnte vorher von 2 Stadtverordneten beantragt werden, nunmehr geht dies nur noch auf Antrag von einem Fünftel des Rates. Jetzt rechnen wir mal schnell und stellen fest: die Fraktionen von FDP, Grüne oder AfD können nie eine solche Abstimmung beantragen.
Und zu gutem Schluss sind dann ab sofort Ton- Film und Bildaufnahmen verboten. Somit auch das knipsen des eigenen Tisches oder der eigenen Unterlagen für beispielsweise ein Symbolbild Social Media.
Geht das nicht ein bisschen weit?
Uns definitiv zu weit, wir hätten dem nicht zugestimmt!
Aber es ging ja eigentlich um den Haushalt.
Ein Plan mit Weitblick, eine Satzung die einer zukunftsorientierten Stadt alle Ehre macht, ein Haushalt der dem Ruf nach Klimaschutz und Nachhaltigkeit gerecht wird.
So wäre er wohl wenn wir ihn geschrieben hätten!
Nun aber könnte ich eigentlich auch unsere Rede aus 2020 hervorkramen und per copy and paste einsetzen. Denn geändert hat sich seitdem nichts.
Ein Innenstadtkonzept das eine Priorität bei den Autos sieht, statt auf Fußgängerfreundlichkeit und Autoreduzierung zu setzen.
Dabei ist der öffentliche Raum extrem wichtig für das gesellschaftliche Leben, denn Innenstädte sind ja für Menschen gemacht. Wer sie gesund und attraktiv gestalten will, muss Lärm reduzieren und die Luft,- und vor allem Aufenthaltsqualität verbessern.
Überhaupt Stichwort „Qualität“. Davon findet man in Mechernich nur wenig.
Die Stadt ist mittlerweile der Spielplatz eines Investors geworden und so rühmt sich dieser ein „Bauen im Naturparadies“ anbieten zu können und spielt mit der Verwaltungsspitze munter Monopoly.
Erschließen, bauen lassen, zack zack – ob der Neubau gut funktionierende nachbarschaftliche Strukturen zerstört, wird nicht hinterfragt. Und ob die Infrastruktur der Stadt den Bauwahn überhaupt verträgt ebenso wenig. Da baut man eben an und so wird aus dem eingruppigen Kindergarten mal schnell einer mit 4 Gruppen.
Und es fallen Bäume, Lebensraum und das beworbene „Naturparadies“.
Zudem kostet es mehrmals Geld, weil vor dem fertigen Bau der KiTa die Containerlösung stehen muss. Nicht gerade ein Zeugnis von vorausschauender Planung.
Das als Mantra vorgetragene Scheinargument „man habe ja selber gebaut, da müsse man das auch anderen gönnen“, ist eben nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite steht dann wohl: „man will jedem die gleiche Fülle von intakter Natur und Naherholung bieten, die man sich selber wünscht.“
Was in Mechernich in den Neubaugebieten vorrangig ist, sind Einfamilienhäuser auf kleinen Grundstücken mit Schotter,- oder gepflastertem Vorgarten, was oftmals weder in die Optik der vorhandenen Orte passt, noch besonders ökologisch sinnvoll ist.
Was fehlt ist der viele Male beschworene bezahlbare Wohnraum, der eigentlich ein Grundrecht darstellt.
Und dabei ist Boden nunmal keine beliebige Ware und eine endliche Ressource. Da freuen sich die Kolleg:innen über strukturell ausgeglichene Haushalte und vergessen aber, dass bei diesem Verhökern unserer Ressource am Ende nichts mehr übrig bleibt. Weder Geld noch Boden.
Das Gemeinwohl sollte doch eigentlich im Fokus stehen und nicht der Markt, denn das ist ein Gebot der Gerechtigkeit und dies sollten wir auch bei den Baugebieten berücksichtigen.
Manchmal wünschten wir uns, die Stadt und die Verwaltungsleitung würden in Demut erkennen, dass eine Gemeinde für die Daseinsvorsorge aller zuständig ist. Gewinnorientierung gehört eigentlich nicht dazu.
Schlussendlich kann man unsere Sicht auf den vorgelegten Haushaltsentwurf runterbrechen auf wenige Feststellungen:
- Wir lehnen Erweiterungen für die Gewerbegebiete Monzenbend und Obergartzem ab.
- Wir wollen nicht noch mehr Milchwerk.
- Die Entwicklung in Firmenich/Obergartzem sehen wir als völlig überdimensioniert an und können im Gegenzug keinen großen Wurf, ach was rede ich, überhaupt keine Ambitionen in Bezug auf Umweltschutz, Klimaschutz oder ähnlichem, erkennen.
Wir hätten also in Summe dem Entwurf auch dieses Jahr nicht zugestimmt.
Aber, wie Eingangs erwähnt, hat Corona und die Fehlentscheidung der Verwaltungsleitung uns davon abgehalten, überhaupt eine Haushaltsrede zu halten. So werden wir auch unsere Nein Stimmen nicht kundtun können und der Haushalt wird dieses Jahr vielleicht sogar einstimmig beschlossen.
Besser macht es ihn damit aber nicht!
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